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Charlotte McConaghy: Zugvögel

von Rina Schölzel

Das Highlight 2020!

Franny ist 34, als sie in Grönland drei Küstenseeschwalben mit Peilsendern versieht, sie will ihnen auf ihrem jährlichen Weg in die Antarktis folgen. Es sind die letzten ihrer Art. Vielleicht sind sie die letzten Vögel auf der Welt. Dieser Roman spielt in der nicht genauer datierten Zukunft, doch die Zukunft ist es allemal, wenn auch eine nicht allzu ferne: 80% aller Wildtiere sind ausgestorben. Die Wälder sterben, wer noch einen besuchen möchte, muss sich auf Wartelisten eintragen, die die Lebenszeit der Wälder wohl überdauern werden. Und endlich wird das gewerbliche Fischen verboten. Frannys einzige Chance, den Vögeln in die Antarktis zu folgen allerdings, ist ein Fischerboot. Sie findet eine Crew, die sie mitnimmt und macht sich auf die Reise ans Ende der Welt und ans Ende ihres Lebens. Denn Franny hat Schreckliches hinter sich, hat Schlimmes getan und erlebt und möchte am Brutplatz der Schwalben mit ihrem Leben Schluss machen. Die Eckpfeiler dieser Geschichte sind also gewöhnlich, der Aufbau ebenso – Gegenwart und Rückblicke wechseln sich ab. Ungewöhnlich allerdings ist diese Protagonistin. Ein interessanter, spannender Charakter. Franny leidet unter ihren Wanderfüßen.Wie auch ihre Mutter und deren Mutter zieht es sie raus in die Welt, fort von dort, wo sie ist. Niederlassen und häuslich werden, Kinder kriegen, das ist genau das Gegenteil von dem, wozu ihr Unterbewusstsein sie drängt. Aber für Niall zwingt sie sich. Niall, den sie spontan heiratet und mit dessen Liebe sie wächst und eine Zukunft für sich sieht. Beide sind vernarrt in die Natur und ihre Geschöpfe, Niall forscht und doziert, um Arten zu erhalten, das Unvermeidliche noch aufzuhalten, ein womöglich aussichtsloser Kampf. Die Küstenseeschwalben haben es ihm besonders angetan, diese kleinen Vögel, die so weit reisen, wie kein anderes Lebewesen auf unserem Planeten. Doch die Zukunft, die Franny sieht, wird von Tragödien zerrissen und so gibt sie ihr Leben auf, möchte noch diese eine Sache erledigen und dann Schluss machen. Wir begleiten sie auf ihrer Reise mit der Crew der „Sanghani“, einem Fischerboot, das alles verkörpert, was Franny hasst. Sie ist klug, zäh, verbissen und intelligent genug, um ihren Weg in die Antarktis zu finden.

Dieses Buch hat mich aufgewühlt. Die Aussicht auf diese Zukunft ohne Tiere, ohne Vögel, saß beklemmend auf meiner Brust. Die Menschen sind sich ihrer Zerstörungswut, ihrer unendlichen Gier bewusst und schämen sich dafür. Die Fischer werden gewalttätig an Land empfangen, Empörung und Verzweiflung über den Zustand der Welt branden wild. Die Autorin schreibt in ihrer Danksagung von ihrer Hoffnung, dass ihr Szenario nicht eintreten wird, dass es soweit nicht kommen wird. Es bleibt eine brennende Hoffnung. Dieses Buch erzählt also die Geschichte einer beispiellosen Frau. Und darunter schlummert ein Aufruf an uns alle, aktiv zu werden, das Ruder rumzureißen, unseren, diesen einzigartigen Planeten zu erhalten. Ein grandioses Buch!

Roman
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783103974706
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Kategorie: Roman

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